Selbst Zufallsreihen schlagen die hochgelobten Google-Vorhersagen klar

Falsche Prognosen von Google: Eurovision Song Contest 2011

Falsche Prognosen von Google - Eurovision Song Contest 2011

Falsche Prognosen von : Song Contest 2011

Die letzte Prognose zum Ausgang des sogenannten ESC kommunizierte das US-Unternehmen Google Incorporated, besser bekannt als Google, taufrisch kurz vor Beginn der Ausstrahlung des ESC am frühen Samstag-Abend, 14. Mai 2011. Für alle, die ESC aus verständlichen Gründen für eine Computer-Taste halten: Unter dem Akronym ESC versteht die Medienlandschaft heutzutage den Eurovision Song Contest, bzw. zu Deutsch den Liederwettbewerb der Eurovision, früher und vielfach auch heute noch besser bekannt als Eurovision de la Chanson oder einfach .

Nicht eine exakt korrekte Prognose von Google

Kurz nach Mitternacht stand das Ergebnis fest: Der Außenseiter Aserbaidschan hatte gewonnen, und ein mächtiger Gigant hatte verloren; nicht knapp nach Punkten, sondern jämmerlich durch technischen Knockout. Google hatte nicht einen einzigen Platz richtig vorhergesagt.

Mehr noch: Google leitete aus dem (eben nur vermeintlich) das Ergebnis des ESC vorwegnehmenden Verhalten seiner Benutzer auch in der Tendenz völlig falsche Prognosen ab. Als Google-Pressesprecher würde man nun gewiss anführen, was man bereits auf der offiziellen Vorhersageseite im letzten Satz einschränkend bekannt gegeben hatte: “50 % der Bewertung fließen durch eine Fachjury ein, die wir nicht vorhersagen können”.

Googles Hybris in der Selbsteinschätzung

Ist Google dadurch entschuldigt? Auf keinen Fall. Als kritischer Benutzer sollte man antworten, indem man unkommentiert die Werbeankündigung zu Beginn ebenderselben Google-Prognoseseite zitiert: “Sie wollen die Zukunft vorhersagen? Prognostizieren Sie den Gewinner des Eurovision Song Contest 2011 vor der offiziellen Entscheidung mit Hilfe des iGoogle Prognose-Gadgets. Basierend auf Google-Suchanfragen zeigt das Gadget die Popularität jedes Teilnehmers und berechnet die Punktzahl, die dieser erhalten würde, fände die offizielle Abstimmung heute statt.” Klingt irgendwie selbstbewusst, oder? Vorsichtig ausgedrückt. Etwas provokanter interpretiert klingt es fast wie die Verführung durch den Teufel, man denke an Jesus auf dem Berg oder Faust in seiner Stube. Ganz sicher jedoch schwingt ein großer Schuss lästerlichen Hochmuts mit, der für die alten Griechen das Gegenbild von Tugend war: ein großer Schuss Hybris.

Meine Blamage beim Eurovision Song Contest 2011 Stammtisch

Nun ja, ich habe also versucht, “mit Hilfe des iGoogle Prognose-Gadgets die Zukunft vorherzusagen”. Und ich habe mich an meinem virtuellen Grand Prix Stammtisch bis auf die Knochen blamiert:

Italien, das Schlusslicht mit Platz 25 aus Sicht von Google, erreichte einen gigantischen 2. Platz. Der Sieger Aserbaidschan hätte laut Google 7. werden sollen.

Deutschland, laut Google am Ende doch noch am in Wahrheit vor Deutschland auf Platz 8 liegenden Irland auf Platz 1 vorbeigezogen, erreichte einen enttäuschenden 10. Rang.

Die Ukraine feierte einen phantastischen 4. Platz, Google hatte sie abgeschlagen auf Platz 18 gesehen. Und Russland, bei Google auf dem Treppchen mit Bronze-Platz 3, blamierte sich auf Platz 16.

Prognosen Google Eurovision Song Contest 2011 schlechter als Zufallsreihen

Zufallsreihen besser als die falsche Prognose von Google

Gedemütigt schlich ich also nach meinem Grand Prix Stammtisch nach Hause und versuchte mich am nächsten Morgen, immer noch zerknirscht, selbst an einer rückwirkenden Prognose. Ich generierte fünf Zufallszahlenreihen, in denen jeder Rang von 1 bis 25 genau einmal vorkam, und ich traute meinen Augen nicht, als ich mein Ergebnis betrachtete:

Meine Prognose durch an den Haaren herbeigezogene Zufallsreihen lag in 4 von 5 Fällen besser als die Vorhersage von Google, was ich ganz objektiv an den durchschnittlichen Abweichungen bzw. Falscheinschätzungen beim Rang ablesen konnte. Einmal sagten mir die Nullen und Einsen des Computers sogar den Sieger Aserbaidschan richtig voraus.

Aufruf an Google für den Eurovision Song Contest 2012

Als „Ende vom Lied“ (selten passt die abgedroschene Formulierung so gut wie hier) möchte ich folgenden Aufruf an Google richten:

Bitte, liebe allwissendende Big-Brother-Informationssammelstelle, nutzt Eure Macht, die schon so oft mit Euch war, aber nutzt sie weise. Kombiniert doch einfach Euer „iGoogle Prognose-Gadget“, das auf „Google-Suchanfragen basiert“, mit einer vernünftigen semantischen Auswertung der Indexierung aller Google-Mail-Konten der relevanten Länder, die Euch doch ohnehin vorliegt, und lasst zusätzlich die Benutzer-Profile entsprechend freiwilliger Angaben und Surfverhalten einfließen. So kann es Euch dann 2012 sicher gelingen, mittels einfacher Clusteranalyse diejenige Unterpopulation zu identifizieren, die Euch 2011 diese beispiellose Blamage eingebrockt hat: Die sogenannte Fachjury.

Und ganz ehrlich: Das ist jetzt wirklich Grund genug, den Datenschutz Datenschutz sein zu lassen, denkt doch auch mal an Eure Aktionäre, die solche Pleiten nicht gerne sehen. Und natürlich an mich, den am ESC-Stammtisch verlachten Zahlenmenschen, dem sein schwuler Sitznachbar, ein eingefleischter und erfahrender Grand Prix Fan, von Anfang an erwidert hatte, dass Mann und Frau, die sich mit eingängiger Melodie und wehenden Haaren ansingen (Aserbaidschan), eine Jazznummer, die musikalische Qualität auch dem absoluten Laien ins Ohr drücke (Italien), sowie ein hübscher stramm tanzender Junge mit einer billig rhythmisierten Ohrwurmmelodie (Schweden) die vorderen Plätze untereinander ausmachen würden.

Wenigstens den Schweden, der am Ende Dritter wurde, habe Google ja mit nur einem Platz Abweichung auf Rang 4 gesehen, hatte ich noch verzweifelt gestammelt, als ich kurz nach Mitternacht nach Hause aufbrach.

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  • Isa Kornelia Enders

    Ich hätte hier auch völlig falsch gelegen. Hätte Ungarn und England mehr zugetraut.

  • Marc

    Naja, da ist es wieder: Die Zukunft ist nicht vorhersagbar. Schon gar nicht, wenn so viele Unbekannte mit in der Rechnung sind und es um Dinge wie Geschmack oder “”"”Kunst”"”" geht, wenn man dieses Wort auf den ESC ver(sch)wenden möchte. Und unabhängig von Geschmack und der persönlichen Meinung der Wähler gibt es die vielen zusätzlichen Faktoren, die keine Hochrechnung erfassen kann, wie: War Zuschauer A vielleicht gerade auf dem Klo, als die Band kam, die er eigentlich gewählt hätte, oder war er zu betrunken und hat sich bei der Wahl-SMS einfach vertippt? :-/

  • Sonia

    Ich schließe mich dem Appell an Google an und bin auf die nächste Vorhersage gespannt;-))