Interview mit Carl Schmitt von 1972 wiederveröffentlicht

Carl Schmitt, Hitler und der Buddhismus

Carl Schmitt, Hitler und der Buddhismus

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Wer war eigentlich Carl Schmitt? Wenn man diese Frage stellt, wird man sehr unterschiedliche Antworten hören. “Berühmter deutscher Staatsrechtler” ist eine, “konservativer Staatsrechtler” eine andere, oder aber “”, und vielleicht auch “Hitlers Chefjurist”. Stimmt alles, irgendwie.
Nun ist in Schmitts Hausverlag ein Rundfunkinterview mit ihm aus dem Jahre 1972 neu im Druck erschienen. Darin soll Carl Schmitt angeblich Auskunft auf die Frage gegeben haben, warum er “bei Hitler mitgemacht” habe. In Kenntnis der betreffenden Passage müsste deren Überschrift allerdings viel eher “Carl Schmitt, Hitler und der Buddhismus” lauten.

Wer war eigentlich Carl Schmitt?

Will man abschätzen, welch schillernde Bedeutung die Figur Carl Schmitt über seinen Tod und ebenfalls über die deutsche Staatsrechtswissenschaft hinaus besitzt, kann man einmal sein regelmäßiges “Wiedergehen” in den Feuilletons der deutschen Qualitätspresse heranziehen. Zur Illustration bietet sich aber vor allem eine Anekdote an, die Jacob Taubes, der geniale (und genialische) deutsch-jüdische Religionswissenschaftler gern erzählte: Als die Knesset, das Parlament des damals jungen Staates Israel in den 1950er Jahren über eine Verfassung beriet, habe er, Taubes, in der Universitätsbibliothek von Jerusalem ein Werk von Carl Schmitt gesucht. Man habe ihm mitgeteilt, dass Schmitts komplettes Werk ausgeliehen sei. Auf seine Nachfrage, wer denn der Entleiher sei, habe man nur mit einer Handbewegung auf die Knesset gedeutet.

Anerkannter Wissenschaftler und überzeugter Nazi?

Man hatte in Israel mit Sicherheit nicht vergessen – wie unter Juristen hierzulande allerdings durchaus üblich – dass derselbe Carl Schmitt mit der berüchtigten Formel “Der Führer schützt das Recht” 1933 Hitlers juristisch verteidigt hatte. Anerkannter Wissenschaftler und überzeugter Nazi; da war Schmitt kein Einzelfall, weswegen die Frage “Wie konnte er?” auch längst in die Mottenkiste gehörte. Es gab eben keine unüberwindbare Kluft zwischen großen Teilen der meist konservativen Professorenschaft Deutschlands und den proletarisch daher kommenden braunen Horden von Hitlers SA. Die “” der Universitäten verlief absolut reibungslos und zumeist in vorauseilendem Gehorsam.

Interview mit Carl Schmitt von 1972 erneut veröffentlicht

Nun aber dieses Interview – warum also hat Carl Schmitt “mitgemacht bei Hitler”? Um es kurz zu sagen, wir erhalten keine Antwort. Schmitt windet sich, erzählt von Gesprächen mit Kollegen und Politikern 1933 und ergeht sich in Andeutungen und Halbsätzen. Alles ziemlich offensichtliches Herausreden, nicht einmal rhetorisch irgendwie elegant verpackt.
Und als man gerade denkt, jetzt kommt er doch zur Sache, erzählt Schmitt, wie Hitler im Kabinett Johannes Popitz, damals Minister, mit ans Fenster nimmt (“Hitler war in Kabinettssitzung besonders nett”), und zu ihm sagt, er habe ja Mitleid mit jeder Kreatur, im Grunde sei er Buddhist.
Und Schmitt weiter: “Und wir waren alle beeindruckt irgendwie.”
Sind wir “im Grunde” eher nicht.

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