Rüstungsexportbericht beschreibt Waffenhandel Made in Germany

Waffenhandel mit gutem Gewissen

Waffenhandel: Unser Spitzenprodukt Leopard 2© Getty Images

: Unser Spitzenprodukt Leopard 2

Waffenhandel mit staatlichem Wohlwollen

Drogen-, Menschen- und Waffenhandel sind – so viel Mafia-Film-Bildung kann hier sicher vorausgesetzt werden – die einträglichsten Geschäftszweige überhaupt und dazu absolut krisenfest. Allerdings haben diese Handelsgüter einen entscheidenden Haken: Wenn Sie ab morgen im großen Stil Waffenhandel betreiben wollten, würden Sie recht bald von den zuständigen staatlichen Stellen hören. Analoges passiert Ihnen wenn Ihr Katalog Drogen oder Menschen enthält. Für den Waffenhandel allerdings gilt – wie nur für wenige Drogen und fast keine Menschen -, dass Sie sich mit dem Heimatland Ihrer Unternehmung durchaus über Modalitäten einige werden können, die beiderseitige Vorteile versprechen. Nicht nur wollen auch die nominell friedfertigsten Länder der Erde nicht auf ihre Armeen und deren Ausrüstung verzichten. Nein, auch die Erträge des Waffenhandels, die der öffentlichen Hand sowohl monetäres als auch politisches Kapital versprechen, führen im demokratischen Rechtsstaat zu wohlwollend offenen Türen für die Vertreter des sanktionierten Waffenhandels.

beschreibt Waffenhandel Made in Germany

Natürlich dürfen diese staatlich zertifizierten Waffenproduzenten und -händler nicht (ganz) so wie sie wollen; wo kämen wir da auch hin? Nein, Waffenhandel auf freiheitlich-rechtstaatlicher Grundlage muss natürlich Regeln haben. Und um dem Souverän gegenüber – das sind wir alle; nur zur Erinnerung – die “restriktive Handhabung” der Vorschriften zum Waffenhandel mit ausländischen Abnehmern zu demonstrieren, veröffentlicht die Bundesregierung jährlich einen Waffenhandels-Bericht. Offiziell heißt der “Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter”, kurz Rüstungsexportbericht. Auf den 116 Seiten des Rüstungsexportberichts für 2011, der in diesen Tagen erschienen ist, nimmt das federführende also Stellung zum staatlicherseits erlaubten und in vielen Auslandsreisen auf höchster Ebene geförderten Waffenhandel. Worum es in diesem Bericht geht (dessen pressetauglich formulierte Abschnitte viele Kommentatoren zu sachlich falschen Aussagen wie “Handel mit Kriegswaffen zurückgegangen” verleitet hat), erschließt sich dem aufmerksamen Leser bereits nach wenigen Seiten.

Menschenrechte und politische Grundsätze

Denn wenn man sich erst einmal am ministeriellen Briefkopf mit seinen schönen, präpotenten Zusatz “Wirtschaft. Wachstum. Wohlstand.” vorbeigekämpft hat, wird schnell klar, dass der Bericht eine eingängige Melodie besitz: “Waffenhandel mit gutem Gewissen”. Wir müssen uns lange zurückerinnern, wann wir das letzte Mal so viel von Menschenrechten und unumstößlicher Treue zu höchsten politischen Grundsätzen gelesen haben. Wie das Waffenhandels-Credo der BRD im Original klingt? Bitte schön: “Alle Anträge auf Ausfuhrgenehmigung werden im jeweiligen Einzelfall nach sorgfältiger Abwägung vor allem der außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Argumente entschieden. Wichtige Kriterien jeder Entscheidung sind dabei u.a. Konfliktprävention und Beachtung der Menschenrechte im Empfangsland.” Sehr schön und da sage einer, die politische Rhetorik sei im Sterben begriffen.

Wenn die Kohle stimmt

Was diese hochmoralische Erzählung eines ethisch sauberen, rechtstaatlich einwandfreien Waffenhandels mit der Realität zu tun hat, müsste uns der Wirtschaftsminister angesichts der Identität vieler glücklicher Empfänger deutscher Waffenlieferungen denn doch erklären. Beispiele gefällig: Afghanistan, Algerien, Indonesien, Kosovo, Libanon, Malaysia, Oman, Philippinen, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate. Und da sind “EU-Staaten sowie NATO- und NATO-gleichgestellte Länder” wie zum Beispiel Israel noch nicht einmal inbegriffen, für die ohnehin gilt, dass Waffenlieferungen dorthin grundsätzlich zu genehmigen sind. Doch soweit brauchen wir gar nicht ins Detail zu gehen, spricht der Rüstungsexportbericht zu den eigentlichen Genehmigungsgrundsätzen im deutschen Waffenhandel doch eine durchaus klare Sprache: Waffenhandel in die sogenannten “Drittländer”, jenseits von EU, NATO und Assoziierten, ist nämlich besonders dann genehmigungsfähig, “wenn im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen Deutschlands für die Erteilung einer Genehmigung sprechen.” Politisches Interesse also, das war doch nicht so schwer.
Und die Kohle muss natürlich stimmen, steht schließlich drüber: “Wirtschaft. Wachstum. Wohlstand.”

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