Bürgerkrieg im Paradies? Regierung gegen Rothemden in Bangkok

Massenproteste in Thailand

Im Zentrum von Bangkok

Der tägliche Verkehr in Bangkoks Innenstadt

Ist das Bürgerkrieg? Zur drohenden Eskalation zwischen Regierung und Rothemden in .

Seit nunmehr sieben Wochen dauern in der thailändischen Hauptstadt Bangkok die Proteste der “Rothemden” an. Zehntausende von Demonstranten fordern die Abdankung der thailändischen Regierung und Neuwahlen. Die Massenproteste sind mittlerweile in einer Art kalten Stellungskrieg zwischen Opposition und einer Armee von vielen tausend Polizisten und Soldaten erstarrt.

Nach wie vor werden die Proteste der “Red Shirts” von der “United Front for Democracy against Dictatorship” (UDD) des schwerreichen, 2006 gestürzten und ausgewiesenen Ex-Premierministers Thaksin Shinawatra organisiert. Die überwiegende Mehrheit der Demonstranten, die bei über 35 Grad Celsius im heißesten Monat des Jahres ausharren, stammt aus den ärmeren Gebieten Nordthailands, wo die Hochburgen von Thaksins Anhängern liegen.

Nun haben Polizei und Militär das Gebiet rund um die Ratchaprasong, die wichtigste Kreuzung in Bangkoks Hauptgeschäftsviertel, abgeriegelt, auf der sich die Rothemden seit Anfang April hinter Barrikaden aus Bambus und Autoreifen verschanzt haben. Die Zeichen stehen, nach der missglückten Räumungsaktion vom 10. April, bei der 25 Menschen starben und über 800 verletzt wurden, offenbar abermals auf Sturm.

Verfolgt man die Meldungen der internationalen Medien zu den Vorgängen in Bangkok, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Darstellungen und Kommentare von Ratlosigkeit geprägt sind: Ist das, was in passiert, der Beginn eines Bürgerkriegs? Oder wird man sich doch noch friedlich einigen?

Über 30 Tote haben die Proteste mittlerweile gefordert und doch geht in Bangkok – abgesehen vom unmittelbaren Ort des Geschehens – alles seinen gewohnten Gang. Das ist die Situation, die für Außenstehende zwangsläufig paradox erscheint. So wurde mitten im April 2010 in Bangkok in einigen Nächten gleichzeitig geschossen und ausgelassen das liebste Fest der Thais, das Frühlingsfest gefeiert.
Und doch erscheint dieses Nebeneinander von Stellungskrieg und Normalität irgendwie zu Thailand zu passen, wo die teuersten Shopping Malls der Welt und die – frappierend geordneten – städtischen Slums buchstäblich 500 Meter voneinander entfernt liegen.

Die Bereitschaft der Rothemden, nicht nur ausdauernd, sondern auch gewaltsam für ihre politischen Ziele zu kämpfen, ist ein für Thailand ungewöhnliches Phänomen. Trotzdem erscheinen die Prophezeiungen von Bürgerkrieg und Landeszerfall schief und treffen die Situation in Thailand nicht. Warum?

Nun, weil in Thailand die Vermittlung von Gegensätzen seit langer Zeit sehr effizient funktioniert. Und dabei spielt nicht etwa die durchaus korrupte politische Elite die Hauptrolle, sondern drei andere Kräfte, deren perfektes Zusammenspiel im Westen sehr häufig nicht wahrgenommen wird: Kapitalismus, Pragmatismus und Buddhismus.

Dass dieser Zusammenhang verkannt wird, liegt vielleicht am durch Hollywood und den Auftritten des Dalai Lama verzerrten Bild dieser hochinteressanten Religion, deren gesellschaftsstützende und darin zutiefst konservative Seite nicht zum romantischen Image passen will:

Geht man morgens durch eine thailändische Stadt, verteilen die Thais Reis an die Mönche. Doch nicht diese bedanken sich, sondern die Geber. Und je ranghöher der beschenkte Mönch ist, desto größer ist die Dankbarkeit, denn umso mehr positives Karma sammelt der Spender.

Da kann sogar der Katholizismus – zumal im Moment – noch etwas lernen.

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