Zur Staatsinsolvenz in Griechenland
Griechenland oder die Logik der Politik
Freitag, 17. Juni 2011 von AK
Griechenland oder die Logik der Politik
Griechenland ist pleite. Auch nach dem ersten EU-Rettungspaket hat sich die griechische Haushaltslage nicht dauerhaft konsolidieren lassen. Nachdem nun die Staatsanleihen des südeuropäischen EU-Mitglieds endgültig als Ramsch eingestuft wurden ist klar, was jeder aufmerksame Beobachter seit Monaten ahnte: An der Anerkennung der faktischen Insolvenz führt für Griechenland kein Weg mehr vorbei, selbst wenn die EU nochmals 120 Milliarden Euro locker macht. Es könnte wahrscheinlich auch doppelt so viel sein, wer weiß das schon? Der Fall Griechenland zwingt die EU nun, sich, nach Irland, erneut und grundsätzlicher mit dem Fall eines insolventen Mitglieds zu beschäftigen. Und es ist die Logik der Politik, die deutlich macht, warum dies erst jetzt geschieht.
Zur Staatsinsolvenz in Griechenland
Stellen wir uns für einen Moment vor, Griechenland wäre ein Unternehmen. (Und sagen wir zudem einschränkend: ein kleines Unternehmen, denn bei den großen sieht es, wie wir wissen, anders aus.) Nehmen wir weiterhin an, dieses Unternehmen träte einem Unternehmensverbund bei, der sich im Innenverhältnis gegenseitige, größtmögliche Handelsvorteile auf die Fahnen geschrieben hätte, bis hin zu gemeinsamen Auftritten bei einschlägigen Geldgebern. Was wäre wohl das erste, was dieser von klugen Juristen gut beratene “gemeinsame Markt” in seinem Partnerschaftsvertrag regeln würde? Richtig, den Insolvenzfall eines der Mitglieder und die Konsequenzen für den Verbund. Die Beratungen der EU-Finanzminister zum Fall Griechenland machen deutlich: Dies ist in der Euro-Zone anders.
Die Finanzkrise als Naturkatastrophe per definitionem
Warum ist das so? Möchte man fragen. Machte es nicht Sinn, in einem so großen Projekt wie der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) den schlimmsten anzunehmenden Fall, den der Zahlungsunfähigkeit eines Mitgliedes zu regeln; mithin festzulegen, was in diesem Fall passieren soll? Die Antwort darauf ist einfach: Hätte man dieses getan, wäre die WWU niemals zustande gekommen, es gäbe den Euro schlicht nicht. Kein Parlament Europas hätte einen Vertrag ratifiziert, der von vornherein zu Zahlungen in dreistelliger Milliardenhöhe an den insolventen Partner verpflichtet hätte. Dagegen hat man eine Klausel aufgenommen, die besagt, dass genau dies nicht passieren wird. Wir erinnern uns: Um den 750 Milliarden des ersten Rettungsschirms den Anschein der Legalität zu geben, musste die Finanzkrise zu einer Naturkatastrophe umdefiniert werden – keine schlechte Leistung, für sich gesehen.
Über Griechenland hinaus
Die Fälle Irlands, Griechenlands und vielleicht bald Portugals haben diese Klausel zuerst als naiv enttarnt und mittlerweile faktisch außer Kraft gesetzt. Geld wird – das darf als sicher gelten – weiter fließen und an diesem Punkt wird klar, wie sie funktioniert, die Logik der Politik: Es geht im politischen Spiel nicht darum, was man tun sollte, nicht einmal darum, was man tut. Es geht darum, was man tun kann, ohne dass das Volk den Regierenden die Gefolgschaft verweigert (dass jenes in der Demokratie der Souverän ist, macht diesen Satz durchaus paradox). Das einzig erstaunliche daran ist – jedes Mal wieder – wie lange das gut geht. Doch dies ist ein Thema, das mit Griechenland, der Wiege der europäischen Philosophie und Staatskunst, auf andere Weise verbunden ist.
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Info zum Beitrag: Griechenland oder die Logik der Politik
Veröffentlicht am Freitag, den 17. Juni 2011 um 11:30 Uhr
Kategorien: Tag der Wahrheit
Tags: EU, Finanzkrise, Griechenland, Insolvenz, Rettungspaket
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