Silvio Berlusconi kündigt seinen Rücktritt an
Gibt es ein Italien nach Berlusconi?
Freitag, 11. November 2011 von AK

Silvio Berlusconi vor dem Ruecktritt?
Silvio Berlusconi kündigt seinen Rücktritt an
Silvio Berlusconi tritt zurück. Sagt er. Wenn die Opposition im italienischen Parlament mit seiner schwindenden Regierungsmehrheit für die Reformgesetze stimmt, die am morgigen Samstag zur Abstimmung stehen. Sollte die, mit Unterbrechungen, 17 Jahre währende Ehe Berlusconi-Italien damit tatsächlich zu Ende gehen? Letzte Zweifel sind angebracht. Immerhin ist Silvio Berlusconi vom italienischen Volk nicht weniger als vier Mal zum Regierungschef gewählt worden, auch wenn er nun – wohl – eine erneute Kandidatur nach dem Rücktritt ausschließt. Gibt es also ein Italien nach Berlusconi?
Gibt es ein Italien nach Berlusconi?
Nüchtern betrachtet ist Silvio Berlusconi vor allem zweierlei: Einer der, selbst nach italienischen Maßstäben, korruptesten Politiker unserer Gegenwart. Seine Verstrickungen in Mafia-Kreise, seine Bestechungs-, Steuer- und Sex-Skandale geben da beredtes Zeugnis. Gleichzeitig belegen sie aber auch dieses: Silvio Berlusconi ist ein politisches Genie. Wie er sich mit unfassbarer Unverfrorenheit und diesem Haifisch-Grinsen durch immer neue Affären und Anschuldigungen hindurchlaviert hat, zeugt von einem überragenden Verständnis des politisch-medialen Spiels. Sein immenses Privatvermögen hat dabei natürlich nicht geschadet, dessen Mehrung von Anfang an dem Streben nach Macht und der Eitelkeit gleichwertige Triebfeder für Berlusconis politische Karriere.
Italienische Misere
Ein großer Teil der italienischen Bevölkerung, das belegten Berlusconis Zustimmungswerte noch bis vor erstaunlich kurzer Zeit, hat ihn für diese Art Politik zu machen geliebt. Die Ehe Berlusconi-Italien war nie eine Vernunftbeziehung nach preußischem Vorbild, man muss nur auf die Zahlen schauen: Italiens Staatsverschuldung beträgt am Ende der Ära Berlusconi 1,9 Billionen Euro. Das ist das 1,2-fache der jährlichen Leistung einer Volkswirtschaft, die abgesehen von kleinen Nischen gravierende Strukturprobleme aufweist. Noch weitaus gravierender lesen sich Indizes, die den Zustand staatlicher Strukturen im Italien Berlusconis abbilden: So steht das Land auf Rang 67 der aktuellen Korruptionsliste von „Transparency International“, direkt hinter Ghana, Samoa und Ruanda. Die Weltbank führt das Land gar auf Platz 157 (von 183) ihres Rechtssicherheits-Index, noch hinter Äthiopien und dem Iran.
Bunga finito
Silvio Berlusconi hat solche Zahlen immer mit großer Geste abgebügelt und hätte dies mit einiger Sicherheit ohne den Druck der Märkte und seiner EU-Kollegen auch weiterhin getan. Nun, da die Zinsen für italienische Staatsanleihen in dieser Woche auf den Rekordwert von über 7% kletterten und das Land voraussichtlich ohne EU-Hilfen nicht auskommen wird, scheint Berlusconi tatsächlich zu fallen. Gegen Merkel und den Weltmarkt nimmt sich “Bunga Bunga” denn doch harmlos aus. Für einen großen Teil Italiens aber bedeutet dieser Rücktritt vor allem eine kalte Dusche und einen schonungslosen Blick auf die Realität des Landes, der nicht mehr von Cavaliere Berlusconi auf großer Bühne abgemildert werden wird. Ja, es gibt ein Italien nach Berlusconi; in vielem aber wird es ein anderes sein müssen. Bunga finito, ciao bello.
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Info zum Beitrag: Gibt es ein Italien nach Berlusconi?
Veröffentlicht am Freitag, den 11. November 2011 um 09:07 Uhr
Kategorien: Tag der Wahrheit
Tags: Berlusconi, Bunga Bunga, EU, Italien, Staatsverschuldung, Transparency International, Weltbank