Was Eltern wirklich brauchen, liefern weder Betreuungsgeld noch Kita
Die Eltern-Falle
Freitag, 8. Juni 2012 von AK

Was brauchen Eltern wirklich?
Was Eltern wirklich brauchen, liefern weder Betreuungsgeld noch Kita
Über die Betreuung ihrer Kinder vor der Schulpflicht entscheiden in Deutschland allein die Eltern – so steht es im Grundgesetz. Wie die Mehrzahl der Eltern in Deutschland von diesem Entscheidungsrecht Gebrauch machen wollen, erschöpft sich, glaubt man den Debatten in Politik und Öffentlichkeit, in zwei Möglichkeiten: Betreuungsgeld oder Kita für alle lauten die Parolen, mit denen die Wünsche der Eltern für sich und ihre Kinder angeblich ausreichend beschrieben sind. Eltern wollen demnach entweder möglichst in Vollzeit arbeiten und ihren Nachwuchs tagsüber in gute Hände geben, oder “zu Hause bleiben”, um möglichst ganz für ihre Kinder da sein zu können. Dazwischen gibt es offenbar nichts. Und genau in diesem behaupteten Nichts liegt sie, die Eltern-Falle.
Kinder sind Problem oder Rest
Wenn in Deutschland öffentlich über Eltern, Kinder und Betreuung gesprochen und geschrieben wird, lohnt es sich, genau auf die Zwischentöne zu achten, sind diese doch auf allen Seiten entlarvend: Da muss das “Betreuungsproblem” gelöst und es müssen – gerade en vogue – die Frauen aus der Teilzeit-Falle befreit werden. Selbst die kleinsten Kinder müssen natürlich nicht nur betreut werden, sondern – mit allen Mitteln, scheint es – “gefördert” werden und schließlich muss der staatlich unbetreute “Kinder-Rest” irgendwie verwaltet werden. Merken Sie was? Kinder sind in deutschen Debatten – wir haben es an dieser Stelle bereits zuvor festgestellt – vor allem eines: Ein Problem und zwar ganz offenbar besonders für ihre Eltern.
Schizophren und funktional
Das ist ein schizophrener Befund, der in seiner Gruseligkeit kaum zu überbieten ist. Was ist falsch gelaufen, wenn Eltern beginnen, über das größte Glück in ihrem Leben – ihre Kinder – in verbeamteten Angst- und Problemkategorien nachdenken? Wenn sich Eltern auf der Suche nach der Gleichzeitigkeit von erfolgreicher beruflicher Laufbahn und perfekter Elternschaft schier zerreißen? Nun, ob etwas falsch gelaufen ist, hängt von der Interessenlage ab. Betriebswirtschaftlich betrachtet ist die Eltern-Falle ein absolutes Erfolgsmodell. Was könnte besser in die spätkapitalistische Ideologie-Formation passen, als Werktätige, die vor lauter schlechtem Gewissen noch am Wickeltisch E-Mails beantworten?
Was Eltern wirklich brauchen, liefern weder Betreuungsgeld noch Kita
Würde man die Eltern selbst nach ihren Bedürfnissen fragen und würden diese zwangfrei antworten, bekäme man vermutlich die Antwort, dass es vor allem dieses konstatierte “entweder – oder” ist, dass sie, die Eltern in der Falle hält. Ein flexibles Konzept von Lebensarbeitszeit, in der “entwickelten” Welt eigentlich längst überfällig, würde hingegen die grundlegende Erkenntnis abbilden, dass das Leben, besonders das von Eltern, aus Phasen mit wechselnden Prioritäten besteht. Dass eine daraus abzuleitende Durchlässigkeit zwischen Familien-, Berufs- und anderen Lebensschwerpunkten keine Utopie sein muss, würde ein ehrlicher Blick über den mitteleuropäischen Tellerrand nach Norden zeigen. Einstweilen aber marschieren Eltern nach fremder Pfeife weiter, geradewegs in die Eltern-Falle.
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Info zum Beitrag: Die Eltern-Falle
Veröffentlicht am Freitag, den 8. Juni 2012 um 11:30 Uhr
Kategorien: Tag der Wahrheit
Tags: Betreuungsgeld, Eltern, Elterngeld, Familie, Kapitalismus, Kinder, Kita, Lebensarbeitszeit, schizophren
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M.B.